Playoffs: 89ers 2 sichern sich in einem denkwürdigen Spiel Platz 3
An dieses Spiel wird man sich erinnern Man kann Baseballspiele auf verschiedene Arten erzählen, je nach dem, was an einer Partie als besonders hervorsticht. Manche Spiele sind vor allem Pitcherduelle oder von der Defensive dominiert, andere sind Offensivspektakel; manche zeichnen sich durch einen spannenden Spielverlauf aus, manchmal ist das Spannende an einem Spiel dagegen seine Bedeutung für das Meisterschaftsrennen; mal sind die äußeren Begleitumstände wichtig, wenn z.B. das Wetter, die Spieldauer oder Verletzungen das Spiel mitentscheiden; manchmal geben einzelne taktische Entscheidungen den Ausschlag; manchmal sorgen auch die obskureren Regeln dieses komplizierten Sports für Aufregung.Das Gastspiel der Braunschweig 89ers 2 bei den Ricklingen Blue Eagles hatte alles davon.

Die Ausgangslage vor dem Spiel war für die Beteiligten klar - und auch wieder nicht. Nachdem beide Teams zuvor denkbar knapp in Göttingen verloren hatten, brauchte Ricklingen den Win, um eine Chance auf die Playoffs zu bewahren. Braunschweig konnte sich zwar vielleicht eine knappe Niederlage leisten, aufgrund der komplizierten Arithmetik bei der Tabellenberechnung war aber vorab kaum bestimmbar, wie knapp genau.(*) So mussten auch die 89ers letztlich unbedingt auf Sieg spielen. Die Situation auf Deutschlands Autobahnen steigerte die Nervosität vor dem so wichtigen Spiel dann noch einmal gewaltig, weil eine Totalsperrung der A7 einem Umpire der Weg nach Hannover verwehrte. Bis sein Ersatzmann eintraf verstrich fast eine Stunde, die die Mannschaften mit einer zweite Runde Batting Practice überbrückten. Spielerisch waren die Rollen dagegen eindeutig verteilt: Die Blue Eagles gelten besonders in Heimspielen als ungeheuer Offensivstark, sie leisten sich aber regelmäßig Ungenauigkeiten im Verteidigungsverhalten. Die 89ers brauchen dagegen meistens etwas, um offensiv Fahrt aufzunehmen, sie können sich dafür aber fast immer auf ihre stabilen Defensivreihen verlassen. Genau so begann das Spiel dann auch. Die Gastgeber erwischten den besseren Start, zwei Homeruns im ersten und ein weiterer im dritten Inning brachten vier Runs gegen Braunschweigs Starter Fossy Elker aufs Scoreboard. Die Braunschweiger hatten dagegen drei Innings lang erhebliche Probleme damit, dem gut aufgelegten Ricklinger Pitcher Yoni Werchow zu widerstehen. Lediglich drei Schlagleute kamen in diesem Zeitraum überhaupt auf Base, Runs erzielten sie nicht. Ab dem vierten Inning änderten die 89ers die Angriffstaktik, spielten Small Ball, zwangen die gegnerische Feldverteidigung zu ersten Fehlern und kamen auf 3 zu 4 heran. Im Durchgang darauf übernahmen sie durch zwei weitere Runs dann erstmals die Führung. Auch die Blue Eagles passten gegen den nun eingewechselten Reliever Sepp Howen ihr Offensivspiel an. Während die Ricklinger At Bats vier Durchgänge lang im Wesentlichen drei Resultate hatten: Homerun, Fly Out oder Strike Out – agierten sie jetzt besonnener am Schlag und eroberten die Führung auf mehrere platzierte Contact Hits zurück. Die Braunschweiger Antwort erfolgte wiederum sofort: Drei Runs im sechsten Inning drehten das Spiel erneut und beendeten Werchows Arbeitstag auf dem Mound. Im achten Inning konnten sie gegen den starken Reliever W. Cedeno noch einmal einen Punkt daraufsetzen. Aber auch die Ricklinger steckten nicht auf und sorgten mit dem vierten Homerun des Tages postwendend für den Ausgleich. Im neunten Inning passierte nichts mehr, so ging das Spiel in die Extrainnings. Auch im zehnten und elften Abschnitt schafften es die Braunschweiger nicht, einen psychologisch wichtigen Run vorzulegen, zumal mit dem aufgelösten DH Magnus Bader und dem verletzten Shortstop Chris Mason inzwischen auch zwei der besten Offensivkräfte des Tages fehlten. Jetzt machten sich die 89ers das Leben mit mehreren schlechten Entscheidungen im Baserunning auch noch selber schwer und mussten so drei Innings lang mit dem Rücken zur Wand spielen. Und das unter erschwerten Bedingungen: Das schwindende Tageslicht zwang den Heimverein das Flutlicht einzuschalten, was dem heute so wichtigen Outfield Probleme bereiten würde: Sobald ein Fly Ball die Reichweite der Lichtanlage verlässt, geht er schnell im dämmernden Abendhimmel verloren und kann dann oft nur noch mit viel Glück gefangen werden. In dieser Phase des Spiels waren die schlagstarken Adler dem Sieg immer ein Stück näher. Sie brachten in jedem Inning Läufer auf Base, aber den Knock out Punch konnten sie nicht setzen, denn anders als in der Offensive blieben die Gäste in der Verteidigung jederzeit hellwach. Im zwölften Inning nahm die Partie schließlich eine ganz neue Wendung. Das Duell war nach über vier Stunden Spielzeit zu einem reinen Abnutzungskampf geraten. Beide Teams hatten ihr Wechselkontingent ausgeschöpft, die Beine wurden müder, die Lichtverhältnisse trüber, die Konzentration ließ nach – und Ricklingen gingen die Pitcher aus. Nachdem Cedano ausgelaugt seinen Platz räumen musste, waren nicht weniger als drei weitere Werfer (Jose Frias, Claymer Horn, Joel Minagia) nötig, um das Inning zu beenden – nicht aber, bevor die Gäste durch eine Serie von Walks, Basehits und Errors ganze acht Runs über die Homeplate gebracht hatten. Für Diskussionen sorgte noch ein Kuriosum der Baseballregeln: Pitcher müssen mindestens ein Inning beenden oder drei Schlagleuten gegenübertreten, bevor sie ausgewechselt werden dürfen. So war es dem Ricklinger Trainer nicht möglich, die arg mit der Zone kämpfenden Frias und Horn rechtzeitig vom Mound zu nehmen, bevor der Schaden bereits angerichtet war. Der Rückstand war dann zu groß. Die Braunschweiger Defensive um den unverwüstlichen Sepp Howen ließ zwar noch einen Anschlusstreffer zu, spielte das letzte Halbinning danach aber souverän herunter und setzte den Schlusspunkt mit einem Double Play.
Letztlich wurde die Begegnung also vom längeren Braunschweiger Atem entschieden. Das Ergebnis erscheint dem so lange so engen Spielverlauf am Ende zwar etwas unwürdig, der längere Atem war aber auch hart erarbeitet: Die Gäste verschwendeten keine Minute in der Defensive, der Pitching Staff erlaubte insgesamt nur drei Walks, und den Feldspielern unterlief in zwölf Innings kein einziger Verteidigungsfehler.(**)
Am kommenden Sonntag, den 3. Oktober, treten die 89ers in Göttingen zum Halbfinale der Verbandsliga an. Im Gegensatz zur knapp verlorenen Partie aus der Vorrunde werden die Braunschweiger in diesem Spiel in Bestbesetzung auflaufen, mit einem spannenden Kampf ist zu rechnen. Auf den Sieger warten im Finale am 10. Oktober die Lüneburg Woodlarks oder die Wolfsburg Blackbirds.
Für Braunschweig spielten:
Bader, Biertümpel, Buschtöns, Elker, Fischer, S. Howen, T.Howen, Mason, Motz, Müller, Urban, Vielkind, Zayas
(*) Wer Nerd genug ist, es ganz genau wissen zu wollen: Bei einer Braunschweiger Niederlage wären Ricklingen, Braunschweig und die Wolfsburg Blackbirds mit je 3 Siegen und 3 Niederlagen in der Tabelle gleichauf, und auch der interne Vergleich der drei Mannschaften wäre unentschieden. In dem Fall greift die Statistik der „Total Quality Balance“, das ist die Differenz aus erzielten und zugelassenen Runs, gewichtet nach den gespielten Innings. Da die Heimmannschaft aber im Fall einer Führung ihren letzten Schlagdurchgang nicht mehr beendet, geht die absolute Anzahl der erzielten Runs zu ihren Gunsten in die Gewichtung ein. So kann die Schwelle nicht direkt aus der Rundifferenz abgeleitet werden. Über den Daumen gepeilt würde eine Niederlage mit zwei Runs Unterschied in der regulären Spielzeit den Braunschweigern noch einen Tabellenvorsprung im Promillebereich bescheren, solange Ricklingen dabei nicht mehr als 9 Punkte erzielt. Bei einem Endstand von exakt 10 zu 8 vor dem letzten Halbinning wäre der totale Gleichstand erreicht, bei 11 zu 9 wäre Ricklingen vorne. Würde dasselbe Ergebnis jedoch erst bei einem Aus im neunten Inning erzielt, würde es wiederum für Braunschweig reichen. So eng war das.
(**) Das Scoresheet weist einen Error auf Braunschweiger Seite aus. Ein genauerer Blick offenbart aber, dass es sich hier um einen Scoringfehler handelt, denn Danilo Zayas konnte seinen vermeintlichen Error noch zu einem Force Out an 2nd Base verwerten.